Kreislaufähiges Bauen und Digitalisierung unter einem Hut? Das geht, sagen die Experten der Drees & Sommer SE und der EPEA GmbH. Im Rahmen verschiedener Projekte verbinden sie erstmals die digitale Planungsmethode BIM mit dem Cradle to Cradle-Designprinzip. Die komplexen Zusammenhänge dieses Ansatzes für eine konsequente Kreislaufwirtschaft werden unter Verwendung von Autodesk Revit, dem offenen Standard IFC und dem Solibri Model Checker einfach und verständlich dargestellt.
Ob CO2-Fußabdruck, Gesundheit, Flexibilität, Recyclingfähigkeit oder Trennbarkeit – alle relevanten Kriterien erhalten im 3D-Gebäudemodell jeweils eindeutige Farbskalen zur Identifikation und Bewertung der Qualitäten. So wird für alle Beteiligten klar ersichtlich, welche Elemente potenziell noch optimiert werden können oder bereits positiv sind. Für unsere Experten steht daher fest: Cradle to Cradle und BIM ist eine Kombination, die ein neues Zeitalter einläutet und die Zukunft des Bauens mitbestimmt.
Cradle to Cradle goes BIM: Ein neues Zeitalter für die Gebäudeplanung?
Einleitung
Cradle to Cradle
Cradle to Cradle (von der Wiege zur Wiege) ist ein Designprinzip, das in den 1990er Jahren von Prof. Dr. Michael Braungart, William McDonough und EPEA Hamburg entwickelt wurde. Es beschreibt die sichere und potentiell unendliche Zirkulation von Materialien und Nährstoffen in Kreisläufen. Im biologischen Kreislauf zirkulieren Verbrauchsgüter, wie z.B. Naturfasern, die nach ihrem Gebrauch sicher in diesen zurückgeführt werden können. Im technischen Kreislauf zirkulieren Gebrauchsgüter, wie zum Beispiel Elektronikartikel oder Fußböden (Abbildung 1).
Diese Produkte werden bereits im Design- und im Herstellungsprozess als Ressourcen für die nächste Nutzungsphase optimiert. Alle Inhaltsstoffe sind nach Cradle to Cradle chemisch unbedenklich und kreislauffähig.
Zielsetzung
Dieser Artikel beschreibt die notwendigen Schritte, um im OpenBIM Kontext unter Verwendung der Programme Autodesk Revit, des Revit IFC-Exporters und dem Solibri Model Checker Cradle to Cradle Bewertungskriterien anhand digitaler Gebäudemodelle berechnen, visualisieren und in Form des Building Circularity Passport sowie verschiedener Dashboards auswerten zu können (Abbildung 2).
Dabei ist er nicht als vollumfängliches User-Manual angelegt, sondern soll interessante Anreize für Nutzer*innen unterschiedlichster Kenntnisstände aus verschiedenen Fachdisziplinen bieten. Zunächst werden hierzu verschiedene, grundlegende Konfigurationsmöglichkeiten in der Autorensoftware Autodesk Revit im Kontext marktüblicher Modellierungsstrategien an reduzierten Modellbeispielen beleuchtet.
Daran anschließend folgt der IFC-Export. Die weitere Verarbeitung der Modelldaten im Nemetschek Solibri Model Checker im Zusammenspiel mit den Microsoft Applikationen Excel und Power BI wird in Ausschnitten anhand des Projektes „The Cradle“ der Interboden GmbH & Co. KG dargestellt.
Eingrenzung
Der Fokus dieses Beitrags liegt auf der interdisziplinären Zusammenarbeit an der Schnittstelle zwischen Architektur, Bauphysik und EPEA. Zentrales Motiv ist die Verwendung des verstärkt an Bedeutung gewinnenden, offenen Austauschformates der Industry Foundation Classes (IFC). Daher wird auf Revit interne Auswertungsmöglichkeiten nicht unmittelbar eingegangen.
Die beiden Hauptabschnitte des Artikels gliedern sich in Erstellung und Export der Daten in Autodesk Revit, sowie in die Weiterverarbeitung und Interpretation dieser Modelldaten im IFC-Format in Solibri Office. Um dem Beitrag folgen zu können sind Revit-Grundkenntnisse und erste Erfahrungen mit dem IFC-Exporter grundsätzlich vorteilhaft, aber keine Voraussetzung.
Die beispielhaften Modellausschnitte sind anhand des Standard Autodesk Templates Architektur D-A-CH mit kleineren Anpassungen in Revit 2019.2 erzeugt und zudem auf Funktionsfähigkeit in 2021.1 getestet worden. Auf viele der Fragestellungen, die hinsichtlich der technischen Durchführung entstehen können, hält das Netzwerk der Autodesk University für Interessierte vollumfängliche Antworten bereit.
Der zweite Abschnitt des Artikels beschreibt die Verarbeitung von IFC-Modelldaten mit Solibri Office. Hier werden insbesondere Grundkonzepte der Standardisierung, konzeptionelle Zusammenhänge und Wechselwirkungen verschiedener Anschlussapplikationen im Überblick beschrieben.
Die genutzten Programmfunktionen sind verkürzt dargestellt. Bei Anwendungsfragen bietet auch Solibri weiterführende Materialien online an.
Ausgangslage
Die Grundlage des Workflows bilden die Angaben zu allen Regelbauteilen und deren Schichtdicke, Material und Dichte. Diese Informationen werden häufig von der Bauphysik in Form eines Bauteilkataloges abgebildet. In dem hier beschriebenen Beispiel wird der „conpact“ - Bauteilkatalog eingesetzt (Abbildung 3).
1. Revit: Bauelemente und Parameter erstellen
Auf Basis der über Bauteilparameter integrierten Bauteilnummer gemäß des Bauteilkataloges lässt sich der Bezug zum BIM-Modell einfach herstellen.Alternativ kann bei Systemfamilien der Typ bzw. im Falle ladbarer Familien der Familienname um diese Codierung ergänzt werden.
Sofern eine Beschriftung der Codierung im Projektverlauf gewünscht ist, bietet sich der Einsatz eines gemeinsam genutzten Parameters an.
Die gewählte Parameterart (Typ/Exemplar) ist in erster Linie abhängig vom genutzten Template und dem Aufbau des zugehörigen Contents. Die erstmalige Umsetzung im Projekt sollte in jedem Falle mit dem BIM-Verantwortlichen des Planers abgestimmt werden.
Allgemein ist anzumerken, dass eine Integration über Typparameter für den Nutzer zwar leichter kontrollierbar wirkt, den Content-Umfang jedoch beeinflussen kann. Der Einsatz von Exemplar Parametern beeinflusst die Content-Struktur nicht, kann jedoch für manche Nutzer*Innen einen sehr kleinteiligen und daher fehleranfälligen Eindruck im Rahmen der fortlaufenden Projektbearbeitung machen.
Modellierungsarten
Je nach gewählter Modellierungsstrategie lässt sich die Bauteilnummer nun direkt, bzw. bei getrennt modellierten Aufbauten unter Ergänzung der Bauteilschichten, den jeweiligen Modellelement der Kategorien zuordnen.
Die folgend beschriebenen Modellierungsarten (Abbildung 4) sind nicht ausschließlich Revit spezifisch und haben aufgrund des Zielformates der IFC einen „universellen Charakter“.
Variante A – Aufbau gesamt
Systemfamilien bilden in dieser Variante (Abbildung 5) jeweils den gesamten Schichtaufbau ab. Spätestens zu Beginn der Entwurfsplanung bietet sich häufig die Trennung der Fußbodenaufbauten und der Rohdecken an. Des Weiteren ist die Kategorie Decken zur Umsetzung der Abhangdecken vorgesehen. Daher liegt der Schwerpunkt zumeist auf den aufgehenden Bauteilen.
Die Nummer des Bauteilkataloges ist in den Parameter „PP_BT-Nr“ ohne zusätzliche Anpassung mit dem Wert „203“ übertragbar.
Es handelt sich um eine bevorzugte Modellierungsart für Anwendungsfälle wie den modellbasierten ENEV-Nachweis oder Heiz- und Kühllastberechnungen im Umfeld des Energiedesigns, der Bauphysik und Gebäudetechnik. Im Zusammenhang des IFC-Exportes ist diese Art nur bedingt geeignet für Cradle to Cradle Zwecke, da Bauteilaufbauten nicht ausreichend differenziert bewert- und visualisierbar sind (Abbildung 6).
Variante B – Aufbau getrennt
Systemfamilien bilden hier (Abbildung 7) jeweils nur einen Teil des gesamten Schichtaufbaus ab.
Insbesondere der Rohbau wird separat erstellt. Alle übrigen Schichten werden sinnvoll paketiert, um eine unnötige Kleinteiligkeit des Modells zu verhindern. Das Trennen nach Kostengruppen im Kontext der Bauteil- und Mengenauswertung kann ebenfalls ausschlaggebend sein für diese Vorgehensweise.
Die Codierung des Bauteilkataloges ist in den Parameter „PP_BT-Nr“ unter Ergänzung der zusammengefassten Bauteilschichten mit dem Wert „203_1-4“ leicht übertragbar.
Dies ist eine geeignete Modellierungsart im Umfeld modellbasierter Mengen- bzw. Kostenermittlung sowie bei einer interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen der Architektur und Tragwerksplanung. Vorteile zeigen sich auch im Rahmen der Koordinationsprüfung.
Im Zusammenhang des IFC-Exportes ist diese Modellierungsstrategie je nach Granularität geeignet für C2C Zwecke, da Bauteilaufbauten je nach Paketierung ausreichend differenziert bewertbar sind (Abbildung 8).
Variante C – Aufbau gesamt + Teilelemente
Die dritte Möglichkeit (Abbildung 9) stellt eine Kombination der zuvor genannten Varianten dar, die Modellstruktur ist grundsätzlich identisch zu Variante A. Zusätzlich werden Teilelemente der Bauteilaufbauten erzeugt. Dies kann projektweit oder selektiv für einzelne Bauteile erfolgen.
Die Nummer der Basisbauteile gemäß Bauteilkatalog kann in den Parameter „PP_BT-Nr“ der Teilelemente unter Berücksichtigung der zugehörigen Schichtnummer z.B. anhand eines Dynamo-Skripts oder über Bauteillisten „vererbt“ werden. Hier mit dem Wert „203_1“ übergeben.
Es handelt sich in erster Linie um eine ergänzende Variante, die speziell ausgewählte Bauteilaufbauten auf Schichtebene differenzierter auswert- und beurteilbar macht.
Interessant ist im Zusammenhang des IFC-Exportes die Freiheit, sowohl das Basisbauteil der jeweiligen Kategorie bzw. Entität, als auch die zu diesem in Beziehung stehenden Einzelschichten in Form von Gebäudekomponententeilen, auszuwerten zu können (Abbildung 10).
Die notwendigen Konfigurationsschritte zur Umsetzung dieses Mischkonzeptes werden im folgenden Abschnitt ausführlicher beschrieben.
Alternative Vorgehensweisen
Der Bauteilkatalog kann in Revit direkt über den Schichtaufbau des jeweiligen Bauteiltyps, den zugeordneten Materialien sowie deren thermischen Eigenschaften abgebildet werden.
Dieses Vorgehen kann je nach Ausdifferenzierung und Granularität des Bauteilkataloges einen erhöhten Bearbeitungs- bzw. Anpassungsaufwand nach sich ziehen. Dieser sollte daher von den Projektbeteiligten unbedingt hinsichtlich des Aufwand-Nutzen-Verhältnisses abgewogen werden.
Unabhängig von einer projektbezogenen Implementierung eines Bauteilkataloges ist eine solche Standardisierung im Unternehmenskontext in jedem Falle empfehlenswert. Gleiches gilt für die Verwendung von Codierungsparameter wie dem Systemparameter „Baugruppenkennzeichen“.
Maßgebliche Einflussfaktoren zur Umsetzungstiefe sind Projektkonstellation, angewandte Standards oder Vorgaben und die Planungsphase bzw. der Implementierungszeitpunkt.
2. Revit: IFC-Exporteinstellungen konfigurieren
Nach Integration der Bauteilnummer in Abhängigkeit zur eingesetzten Modellierungsstrategie sollen Modelldaten im IFC-Format ausgetauscht werden. Die Abbildungen zeigen Modelldaten, die nach Variante B getrennt modelliert wurden.
Für den hier beschriebenen Anwendungsfall ist nicht ausschließlich die korrekte Übertragung der Geometrie, sondern auch der hinterlegten Parameter ausschlaggebend.
Wesentlich ist die Codierung und die notwendige Leitmenge je Kategorie bzw. Entität im Rahmen der folgenden Verarbeitungsschritte im Solibri Model Checker - oder einer vergleichbaren Applikation.
Die vielfältigen IFC-Exporter Konfigurationsmöglichkeiten sind ausführlich im „Revit IFC Handbuch“ beschrieben und werden daher nicht vollumfänglich beleuchtet. Die folgend gezeigte Herangehensweise ermöglicht eine pragmatische Lösung, um geordnete und auf das Wesentliche reduzierte Daten zu übergeben.
Konfiguration
Eigenschaftensätze über Revit Bauteillisten
Je Kategorie werden dazu Revit Bauteillisten genutzt. Diese enthalten Angaben zur Lage, dem Elementtyp, der Bauteilnummer und den erforderlichen Mengen. Die Parameternamen sind in den Spaltenköpfen optional mit einer fortlaufenden Nummer ergänzt (Abbildung 11). Auf diese Weise lässt sich nach Export innerhalb der IFC die zuvor gezeigte, klare Reihenfolge der Eigenschaften bzw. Properties innerhalb eines benannten Propertysets des Elements integrieren.
Die Bauteillisten werden mit dem Vorkürzel „Pset_“ versehen, um anhand der entsprechenden Exportoption nur diese Listen als Propertysets in die IFC zu übertragen (Abbildung 12).
Zusätzlich werden die „BaseQuantities“ im Sinne der Leitmengen für die jeweilige Kategorie bzw. Entität zu Prüfzwecken übergeben. Das Resultat ist eine reduzierte und geordnete Übergabe der erforderlichen Bauteilinformationen.
Integration einer übergeordneten Klassifikation
Da der Bauteilnummer in diesem Arbeitsablauf eine übergeordnete Bedeutung zukommt kann es sinnvoll sein, diese im Zuge des Exportes als Klassifikation nach Vorbild der DIN 276 oder Uniformat-Classification zu behandeln. Über die Einstellungen des IFC-Exportes kann auf einen beliebigen Parameter verwiesen werden, der direkt in die IFC-Datei übertragen wird (Abbildung 13 / Abbildung 14).
Dieses Vorgehen erleichtert vielfach die Weiterverwendung durch weitere Projektbeteiligte und ist insbesondere empfehlenswert im Zuge mengenbezogener Anwendungsfälle.
Nach Umsetzung der beschriebenen Konfigurationsschritte sind die exportierten Modelldaten im IFC-Format nun bereit zur Weitergabe an die anderen Projektbeteiligten zum Zweck der Auswertung.
Alternative Vorgehensweise
Alternativ lässt sich der gesamte Informationsgehalt aller exportierten Bauteile übergeben (Abbildung 15).
Die Parametergruppen werden hierbei in Propertysets übersetzt und alle Parameter mit vergebenen Werten übertragen.
Zum einen resultiert dieser Ansatz in längeren Exportzeiten, einer erhöhten Dateigröße und kann gegebenenfalls die Weiterverarbeitung durch nachfolgende Projektbeteiligte aufgrund der Informationsmenge erschweren.
Zum anderen wird gewährleistet, dass die Informationsübergabe möglichst verlustfrei erfolgt.
Parameter ohne vergebenen Wert werden nicht in die IFC übertragen. Sollten Propertysets keine Eigenschaften bzw. Properties mit Wert enthalten entfällt folgerichtig das Propertyset selbst.
Export der Variante C inkl. Gebäudekomponententeilen
Um die in Variante C gezeigten Teilelemente im Rahmen des IFC-Exportes zu übertragen werden die notwendigen Einstellungen in diesem Abschnitt detaillierter beschrieben.
Zuerst sollte in Revit über die Ansichtseigenschaften der gewünschten 3D-Ansicht zum Export im Bereich „Grafiken“ die Option „Teilelemente anzeigen“ für „Sichtbarkeit der Teilelemente“ gewählt werden (Abbildung 16).
Im darauffolgenden Schritt des Exportes ist in den Einstellungen des IFC-Exporters über „Einrichtung ändern“ im Reiter „Zusätzliche Inhalte“ die Option „Nur in der Ansicht sichtbare Elemente exportieren“ zu aktivieren. Auf diese Art wird gewährleistet, dass die Originalelemente als Container und die Teilelemente als zugeordnete Gebäudekomponententeile übertragen werden (Abbildung 17).
Sowohl die Container als auch die Gebäudekomponententeile enthalten je nach gewählter Exportkonfiguration alle ihnen zugehörigen Properties. Hier bietet sich unter anderem die zuvor beschrieben Variante der Übergabe aller Revit Eigenschaften an.
3. Solibri: Bearbeitung der Modelldaten
Nun folgt die Weiterverarbeitung der vorkonfigurierten IFC-Modelldaten in einem angeschlossenen Programm zu Koordinationszwecken.
In dem hier beschrieben Softwareumfeld kommt der Solibri Model Checker zu Einsatz, eine Software mit dem Schwerpunkt auf regelbasierter Qualitätskontrolle digitaler Gebäudemodelle im IFC-Format.
Um die nachfolgend beschriebenen Programmfunktionen der Klassifikationen und Auswertung nutzen zu können wird eine Solibri Site oder Office Lizenz benötigt. Zur Umsetzung des Workflows im ausschnittsweise gezeigten Projektes „The Cradle“ wurde Solibri Office genutzt.
Die Modelldaten des planenden Architekten HPP wurden mithilfe von Revit 2018 erzeugt.
Umsetzung
Klassifikation
Zunächst soll das Architekturmodell und die in diesem enthaltenen Elemente nach Vorgabe des Bauteilkataloges ausgewertet werden. Die so gegliederten Modellelemente und Mengen ermöglichen den Bezug zu „conpact“, den dort hinterlegten Ökobilanz-Daten und Cradle to Cradle Bewertungskriterien, welche zur Analyse und Bewertung des Projektes notwendig sind.
Die Grundlage dazu bilden in diesem Beispiel abgestimmte Bauteilparameter nach dem Vorbild der zuvor beschriebenen Exportkonfiguration anhand von Revit-Bauteillisten je Kategorie (Abbildung 18).
Nach Öffnen des Modells in Solibri Office werden die Modellelemente anhand der Programmfunktion „Klassifikation“ geordnet und sortiert. Genutzt wird hier eine Hauptklassifikation „KL_BTK-NR.“ zur übergeordneten Einordnung der Elemente.
Im Bereich der Klassifizierungsregeln wird im Modell der Architektur nach dem Revit-Parameter „BT-Nr.“ im jeweiligen Propertyset gefiltert. Das Ergebnis wird der vorgegebenen Codierung aus dem „conpact“ - Bauteilkatalog zugeordnet (Abbildung 19 / Abbildung 20).
Auswertung
Die nun sortierten Modellinhalte werden mittels der Programmfunktion „Auswertung“, welche mit Revit Bauteillisten vergleichbar ist, ausgewertet (Abbildung 21).
Der Export der Auswertung erfolgt im Excel-Format und enthält alle notwendigen Bauteilmengen, gegliedert nach Bauteilnummer.
Hinweis
Sofern keine Codierungsparameter im Modell hinterlegt sind kann aufgrund der Mehrstufigkeit der Klassifizierungsregeln nach Kombinationen aus unterschiedlichsten Elementeigenschaften gefiltert werden.
Daher eigenen sich Klassifikationen besonders für den Aufbau von Standards. Sie bieten die Möglichkeit, variierende Datenstrukturen mit relativ geringem Aufwand in eine vorgegebene Zielstruktur zu überführen.
4. Solibri: Auswertung der Modelldaten
Im vorletzten Schritt wird der Bezug zum „conpact“-Bauteilkatalog hergestellt. Die gegliederten Mengenexporte werden genutzt, um das „Global Warming Potential“ GWP bzw. den CO2- Fußabdruck jedes ausgewerteten Modellelementes zu berechnen.
Diese Berechnung dient der Einordnung und Visualisierung der Bauteile je folgend genanntem Cradle to Cradle Bewertungskriterium (Abbildung 22):
-
CO2-Fußabdruck (KL_C2C_CO2)
-
Gesundheit (KL_C2C_Dismount)
-
Flexibilität (KL_C2C_Health)
-
Recyclingfähigkeit (KL_C2C_Rec)
-
Trennbarkeit (KL_C2C_Sep)
Hierbei ist die gewählte Modellierungsstrategie erneut maßgeblich, um eine möglichst dezidierte Beurteilung der Planung zu ermöglichen.
Ergebnisse
Building Circularity Passport / Dashboards
Die ausgewerteten Modelldaten dienen als Datengrundlage für den Building Circularity Passport (Abbildung 23 / Abbildung 24), welcher mit Microsoft Power BI erstellt wird. Dieser bietet einen direkten und für alle Beteiligten leicht verständlichen, graphischen Überblick über die Qualitäten und die Kreislauffähigkeit des Gebäudes.
Solibri Klassifikationen / Visualisierung
Die Solibri Klassifikationen (Abbildung 22, Abbildung 25 / Abbildung 26) heben die fünf Cradle to Cradle Bewertungskriterien farblich hervor. Die Berechnungsergebnisse werden über Excel und VBA-Scripte anhand eines Excel-Templates zurück in Solibri in die verschiedenen Sub- Klassifikationen importiert, um diese abschließend zu visualisieren und Optimierungspotenziale so bis auf Modellelementebene verständlich zu transportieren (Abbildung 27).
Die Ergebnisse können im nativen Format des Solibri Model Checkers weitergegeben und mit Solibri Anywhere, vergleichbar mit Navisworks Freedom, geöffnet werden.
Fazit
Durch die Integration und Pflege weniger Parameterinformationen im Kontext eines bauphysikalischen Bauteilkataloges des jeweiligen Projektes lassen sich auf Grundlage von IFC- Modellen alle wesentlichen Fragen zur Kreislauffähigkeit beantworten – und das mit überschaubarem Aufwand. Einmal implementiert eignet sich die beschriebene Vorgehensweise, um die komplexen Zusammenhänge des Themas Cradle to Cradle modellbezogen für alle fortlaufend verständlich zu machen.
Die Kommunikation mit allen Beteiligten wird vereinfacht und Optimierungspotentiale so besser wahrgenommen für die Gebäude von morgen.
Nächste Schritte
Gewonnen Erkenntnisse können anhand des BIM Collaboration Format (BCF) mit Modellbezug innerhalb der Teams weitergegeben werden und erleichtern somit den Arbeitsprozess. Abschließend ermöglicht die Verwendung von Hyperlinks den Bezug zu externen Datenquellen – wie z.B. dem hier genutzten „conpact“ – Bauteilkatalog.
Moritz Mombour ist seit über 10 Jahren in der Planung und Beratung im Bereich der Baubranche tätig. Bereits im Rahmen seines Architekturstudium an der Technischen Universität Braunschweig und dem anschließenden postgradualen Masterstudium an der Universität für Angewandte Kunst in Wien beschäftigte er sich intensiv mit digitalen Entwurfsmethoden unter Verwendung verschiedener Autodesk-Lösungen. Seinen beruflichen Werdegang begann er 2012 bei der Nickl & Partner Architekten AG, einem international tätigen Planungsbüro mit Schwerpunkt Krankenhaus- und Laborplanung. Hier war er im Bereich der BIM-Prozess- und Standardentwicklung tätig. Im Anschluss hat er in seiner Funktion als Leiter des operativen Beratungsteams der BIMwelt GmbH verschiedene Planungsbüros und Auftraggeber in der D-A-CH Region bei der Umsetzung der Planungsmethode BIM unterstützt. Seit 2019 ist er bei Drees & Sommer im Unternehmensbereich Integrated Design als Leiter digitale Planungsmethoden für die Entwicklung- und Umsetzung interdisziplinärer Workflows in allen Planungsphasen unter Verwendung der Autodesk AEC Collection zuständig. Neben seinem Engagement für den buildingSMART hat er für verschiedene Softwarehersteller Vorträge zu Anwendungs und Implementierungsthemen gehalten und ist Lehrbeauftragter für CAD/BIM an der TU Braunschweig. Seine Hauptthemen sind disziplinübergreifende Standard und Templateentwicklung, modellbasierte Koordination und Auswertung im Open BIM Kontext. Der aktuelle Fokus des Integrated Design Teams liegt auf modularer Planung und der modellbasierten Integration des Cradle 2 Cradle Designprinzips.
Pascal Keppler ist Berater für Circular Engineering bei EPEA und leitet dort die digitale Innovation. Er ist studierter Umweltschutztechniker und seit 2016 für die Drees & Sommer-Gruppe tätig.